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04.09.2012 Beim Streicheln verfliegt die Traurigkeit - Tagesspiegel

Studien haben bewiesen: Hunde halten ältere Menschen fröhlich und beweglich. Im Seniorenwerk Grunewald gehören sie dazu – sogar als Chor-Maskottchen.

Es ist eine Art Liebesgeschichte, und Rosemarie Erdbrügger erzählt sie immer wieder gern. Sie sitzt sorgfältig geschminkt an einem großen Tisch mit Kaffee und Kuchen, feiert gerade im Altenselbsthilfe- und Begegnungszentrum „Käte-Tresenreuter-Haus Sozialwerk Berlin“ in Grunewald ihren Geburtstag. Dort leitet sie seit einiger Zeit den Malkreis. „Meine Bedingung, den zu übernehmen, war, dass ich meinen Lebensgefährten mitbringen kann“, sagt sie lachend. Der Lebensgefährte liegt zu ihren Füßen auf dem Teppich und blinzelt aus dunklen Knopfaugen herauf. „Danny ist mein erster Rüde, die sind besonders liebenswert. Ich hatte mein ganzes Leben lang Hunde, und als mein Mann gestorben ist, da habe ich mir noch mal einen ganz jungen gegönnt.

“ Sie streichelt das lockige hellbraun und grauschwarze Fell des etwa kniehohen Welshterriers und beginnt vom Alltag mit ihm zu schwärmen. „Im Alter ist es so positiv, einen Hund zu haben. Weil man drei Mal am Tag mit ihm raus und ihn füttern muss, hat man einen festen Lebensrhythmus. Depressionen kann man sich da nicht leisten. Und es ist immer jemand zum Quatschen da. Es ist ja wichtig, dass man überhaupt spricht, wenn man, wie ich, allein lebt.“

Mit dieser Meinung ist die Frau mit der akkuraten Hochsteckfrisur nicht allein. In mehreren Studien haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ältere Tier-, und besonders Hundebesitzer, nicht so leicht zu Depressionen neigen, nicht so schnell zum Arzt gehen wie andere – und sogar seltener erhöhte Blutfettwerte, erhöhten Blutdruck und Herz-Kreislauf-Krankheiten bekommen. Kein Wunder, sie gehen schließlich ständig spazieren. Auch Gefühle der Isolation, Belastung und Angst könnten Herz-Kreislauf-Krankheiten auslösen, besagen Studien. Die hätten Hundebesitzer seltener.

Das entspannende Element beim Streicheln eines Hundes sei ein entscheidender Faktor, sagt Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité. Vor kurzem sei für eine Studie das Thema Hundetherapie in Pflegeheimen untersucht worden. Besonders auf verwirrte, apathische oder aggressive Heimbewohner habe die Begegnung mit Hunden einen positiven Einfluss gehabt. Offenbar ersetzt dies die fehlende menschliche Ansprache. „Ein solches Erfolgserlebnis motiviert“, sagt Heinz. Hundebesuchsdienste sind seiner Ansicht nach auch ein gutes Mittel gegen die Einsamkeit im Alltag alter Menschen. „Einsamkeit heißt auch, ein Gefühl der Sinnlosigkeit zu verspüren“, sagt der Psychiater. Wer dagegen einen Hund hat und mit ihm spazieren geht, kommt auch mit anderen Menschen in Kontakt.

Golden-Retriever-Hündin Bella ist sozusagen ein laufendes, bellendes Medikament gegen Depression. Sie ist zum Therapiehund für den Besuchsdienst ausgebildet und gehört, wie der Rüde Danny, schon fest zum Seniorenzentrum in Grunewald. Anders als er darf sie ohne Leine durchs Haus laufen. Bella gehört Margit Hankewitz, 63, Tochter von Käte-Tresenreuter, der Gründerin des Seniorenzentrums. „Ich hatte Bella mal bei einer Dampferfahrt mit 200 Pflegeheimbewohnern dabei – selbst da ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen“, erzählt ihre Besitzerin.

Jetzt schaut Bella mal kurz bei der Geburtstagsfeier von Rosemarie Erdbrügger vorbei und lässt sich von Gertrud Cortes streicheln, die dafür ihre Kuchengabel beiseite legt. Gertrud Cortes hat Probleme mit dem Gedächtnis. „Aber das liegt am Alter, wissen Sie, ich bin 97“, sagt sie entschuldigend. „Es ist schön, die Hunde hier zu treffen, besonders die Blonde, die ist so eine Liebe, Ruhige. Ich liebe Tiere. Ich hatte selbst mal einen Hund.“ Der Name ihres Cockerspaniels aber will ihr nicht mehr einfallen, der von Bella auch nicht. „Also so was“, sagt sie ein bisschen empört über sich selbst. „Mein Hund fehlt mir jedenfalls, 13 ist er geworden, dann musste ich ihn einschläfern lassen. Daran erinnere ich mich.“ Bella steht ganz ruhig da und lässt sich kraulen. Plötzlich fällt es Gertrud Cortes wieder ein: „Mecki hieß mein Hund. Sehen Sie, ich weiß es ja doch noch.“ Sie strahlt, glücklich über ihr kleines Erinnerungserfolgserlebnis. „Wenn ich unvernünftig wäre, würde ich mir wieder einen Hund anschaffen“, sagt sie lachend. Aber das Laufen gehe nicht mehr wie früher.

Wie sie reden viele Senioren hier. Einige von ihnen kann man im großen Saal nebenan treffen. Gerade ist Chorprobe, Bella will schnell hin, denn da singt gerade Frauchen, und Bella klettert gern mit auf die Bühne, wenn der Chor dort steht. Sie ist auch immer dabei, wenn die Gruppe in Pflegeheimen für die Bewohner singt; alle zwei Wochen macht sie das. „Durch den Hund sind die Leute uns gegenüber viel schneller aufgeschlossen und singen mit“, sagt Ingrid Junkuhn, eine sehr zierliche, sportlich wirkende 79-Jährige. „Auch die Demenzkranken. Und bei unsere Chorprobe hier ist die Atmosphäre mit Bella gleich viel schöner – lockerer, privater. Bella gehört einfach dazu, sie gehört uns allen ein bisschen.“

Neben ihr steht Karin Schrader und nickt nachdrücklich. Auch die 74-Jährige vermisst ihren Hund, aus gesundheitlichen Gründen hat sie sich keinen neuen angeschafft. „Das kann ich keinem Hund zumuten. Aber ich gehe mit Danny und mit Bella spazieren. Besonders mit Bella habe ich eine Kameradin, der ich meine Alltagssorgen erzählen kann.“

Bellas Besitzerin, Margit Hankewitz, hat bei der Anschaffung eines Hundes nicht so viele Vorbehalte. „Manchmal werden Tiere bei alten Leuten zwar nicht artgerecht gehalten“, sagt sie, etwa, wenn dicke Damen auch ihren Dackel dick fütterten. „Aber da bin ich mal ganz egoistisch und sage, es ist wichtiger, dass die alte Dame jemanden als Gesellschafter und zum Verhätscheln hat.“ Beinahe gerät sie ins Schwärmen: „Dieses warme Streicheln und Anfassen, da fallen gleich die Sorgen ab.“ Und man dürfe die Wach- und Schutzfunktion eines Hundes nicht unterschätzen. „Alte Menschen haben oft Angst und fühlen sich beschützt, wenn jemand kommt und der Hund anschlägt.“ Egal, wie klein der vierbeinige Freund ist.

Um zu betonen, wie groß der Einfluss von Hunden auf das Leben von alten Menschen sein kann, erzählt sie in ihrer burschikosen Art gern von einer älteren Nachbarin, heute 89, der sie jede Woche einmal Gesellschaft leistet. „Vor Bella hatte ich einen anderen Hund. Mit dem ist die alte Dame immer spazieren gegangen und hat ihm allen Kummer erzählt. Und der Hund hat geguckt, als würde er alles verstehen.“ Dann starb Bellas Vorgänger; Margit Hankewitz – und damit auch die Nachbarin – hatten ein halbes Jahr kein Tier. „Da ist die alte Dame plötzlich gar nicht mehr rausgegangen, auf einmal ging es ihr viel schlechter. Sie bekam einen Schlaganfall und ihre Demenz verschlimmerte sich.“ Wenn sie jetzt mit Bella zu Besuch komme, lächele die heute 89-Jährige immer und es gehe ihr etwas besser.

Natürlich funktioniert das längst nicht bei allen Menschen: „Wer früher keine Hunde mochte, mag sie auch nicht, wenn er alt und dement wird“, sagt Margit Hankewitz. „Aber Bella spürt, wer keinen Draht zu ihr hat. Zu diesen Menschen geht sie einfach nicht hin.“ Im Chor hat Bella selbst da etwas verändert: Sie wird selbst von denen gemocht, die keine ausgesprochenen Hundefans sind.

„Lo-ho-ho-ho-ho-ho“, jodelt der Chor beim Einsingen. Golden Retriever Bella läuft schwanzwedelnd zwischen den Sängern umher und lässt sich streicheln. „Wenn ihr gut singt, liegt sie unter dem Tisch und schläft, sonst läuft sie unruhig umher“, sagt die Chorleiterin – und alle lachen. Als das Singen beginnt, rollt Bella, das Chor-Maskottchen, sich unter einem Tisch zusammen und legt den Kopf auf den Teppich.

„Wenn alte Menschen gar nicht mehr fit sind, tut es auch eine Katze“, sagt Margit Hankewitz später. „Aber das ist nicht das Gleiche.“


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